Wer durch eigene Betroffenheit danach sucht, findet im Netz besorgte Fragen von Müttern zur sogenannten Nebenplazenta. Oftmals wird diese Frage aber erst lange nach der Geburt gestellt, bei der eine Nebenplazenta bemerkt oder erwähnt wurde. Auch schwangere Frauen beschäftigt die Frage nach der Nebenplazenta gelegentlich.
Was kennzeichnet eine Nebenplazenta?
Mediziner bezeichnen dieses Phänomen als „Placenta succenturiata“. Die meisten Mütter denken, es gibt nur eine Hauptplazenta. Doch das ist nicht wahr. Es finden sich im medizinischen Kontext Begriffe wie „Zwillingsplazenta“, „gefensterte Plazenta“ oder „geteilte Plazenta“. Bei solchen Begriffen handelt es sich um verschiedene Zustandsbeschreibungen des Mutterkuchens. Tatsächlich kann es gelegentlich zwei Mutterkuchen geben – und zwar nicht nur bei Zwillingsgeburten.
Bei der Nebenplazenta tritt ein Phänomen auf, das relativ selten ist: Es bildet sich in der Eihaut außer der eigentlichen Plazenta noch eine weitere, deutlich kleinere Plazenta. Auch wenn das Phänomen vergleichsweise selten auftritt, ist es weder beunruhigend, noch kann es als pathologisch angesehen werden. Es kommt im Alltag einer erfahrenen Hebamme regelmäßig vor. Hebammen oder andere Geburtshelfer erkennen das Vorhandensein einer zweiten Plazenta nach dem Austreten der Nachgeburt meist an einer externen Blutgefäß-Verbindung an der Hauptplazenta.
Fakt ist: Die Bildung einer Nebenplazenta kann nicht durch Ultraschalluntersuchungen der Geburt festgestellt werden. Ihr Vorhandensein wird meist erst danach festgestellt.
Ursachen für die Entstehung
Die Placenta succenturiata oder Nebenplazenta ist trotz ihrer relativen Seltenheit kein ungewöhnliches oder beunruhigendes Phänomen. Es kommt nach der Befruchtung gelegentlich vor, dass sich neben der Hauptplazenta eine zweite und kleinere Plazenta bildet. Diese hat eigentlich keinen Nutzen. Sie weist auch nicht auf zwei befruchtete Eizellen hin. Die Entstehung einer Nebenplazenta geschieht bereits recht früh nach der Befruchtung. Der Moment ist gekommen, wenn die Fruchtanlage sich während der Schwangerschaft zu einem sogenannten „Zottenball“ entwickelt.
Manche Menschen vergleichend dessen Aussehen mit einem Konfekt-Stück namens „Raffaello“. Nur ein gewisser Teil des Zottenballs entwickelt sich dann zur eigentlichen Plazenta weiter. Da der Rest des Zottenballs normalerweise nicht über ein eigenes Blutgefäß versorgt wird, verkümmert er. Manchmal bildet sich aber ein zusätzliches Gefäß – und das begünstigt das Entstehen einer Nebenplazenta.
Unterschied zwischen Nebenplazenta und Zwillingsplazenta
Die Nebenplazenta ist ursächlich auf das versehentliche Entstehen einer zweiten Plazenta zurückzuführen. Bei der sogenannten Zwillingsplazenta – entsteht entgegen der irreführenden Bezeichnung – nur eine Plazenta. Doch diese dient eineiigen Zwillingen als gemeinsame Plazenta. Auch dieses Phänomen ist nicht allzu häufig zu beobachten. Es kommt aber doch bei zwei Dritteln aller eineiigen Zwillingsgeburten vor. Diese sind im Vergleich zu zweieiigen Zwillingsgeburten aber selten. Nur bei 30 Prozent aller Zwillingsgeburten handelt es sich um eineiige Zwillinge. Das Risiko bei einer Zwillingsplazenta besteht darin, dass einer der beiden Zwillings-Embryos bei der Versorgung mit Nahrung zu kurz kommt. Oft sind aber zwei Fruchthöhlen angelegt.
Nur sehr selten ist das beim Vorliegen einer Zwillingsplazenta nicht der Fall. Das Fehlen einer eigenen Fruchthöhle kommt nur bei einer von 3.000-9.000 Zwillingsgeburten vor. In diesem Fall besteht allerdings ein sehr hohes Risiko, dass ein Zwilling durch Mangelversorgung schon vor der Geburt stirbt. In der Regel – nämlich zu 70 Prozent – handelt es sich bei Zwillingsgeburten aber um zweieiige Zwillinge. In diesem Fall steht jedem Zwilling eine eigene Plazenta zur Verfügung.
Ist das gefährlich?
In den meisten Fällen wird die Existenz einer Nebenplazenta erst festgestellt, wenn das Kind geboren wurde. Die Existenz einer Nebenplazenta ist an sich nicht gefährlich. Ein Risiko besteht lediglich, wenn die Haupt-Plazenta entzündet ist, Gefäßverletzungen aufweist oder der Mutterkuchen sich löst. In diesem Fall können Blutungen bei der schwangeren Frau auftreten. Üblicherweise teilen schwangere Frauen ihrem Gynäkologen mit, wenn sie während der Schwangerschaft eine Blutung bemerken. Die Gynäkologen überwachen den Schwangerschaftsverlauf dann wesentlich enger.
Ist eine natürliche Geburt trotzdem möglich?
Unabhängig davon, ob es nur die Hauptplazenta oder zusätzlich eine Nebenplazenta gibt, ist eine natürliche Geburt möglich. Es muss lediglich darauf geachtet werden, dass die Existenz einer zweiten Plazenta bemerkt wird. Die Nebenplazenta muss zusammen mit der Nachgeburt austreten. Ist das nicht der Fall, aber es existieren durch Gefäßverbindungen Hinweise auf eine Nebenplazenta, muss eine Ausschabung vorgenommen werden.
Anders ist es bei einem Kaiserschnitt. Hier sieht der Geburtshelfer, dass neben der Hauptplazenta eine Nebenplazenta entstanden ist. Er entfernt diese gleich mit. Gelegentlich ist ein Kaiserschnitt zwingend, obwohl eine natürliche Geburt gewünscht wurde. Die Hauptplazenta hat sich in diesem Fall so vor den Muttermund gelegt, dass eine natürliche Geburt zu risikoreich wäre. Daher ist es zwingend, einen Kaiserschnitt vorzunehmen.
Kann eine Nebenplazenta zu Geburtskomplikationen führen?
Tatsächlich kann es in seltenen Fällen passieren, dass es dadurch zu Komplikationen kommt. Die Probleme können vor oder während der Entbindung entstehen. Der Muttermund kann beispielsweise durch Verlagerung der Plazenta blockiert werden. Das hat unweigerlich einen Kaiserschnitt zur Folge. Außerdem kann es nach der Entbindung zu einer zu schnellen Verengung des Muttermunds kommen. Das verhindert oft, dass eine oder beide Plazentas als Nachgeburt austreten können.
Die Nachgeburt tritt oft schon wenige Minuten nach einer erfolgreichen Geburt aus. Es kann aber auch bis zu einer Stunde dauern, bis Plazenta und Nebenplazenta austreten. Um diese Zeitspanne zu verkürzen, kann der behandelnde Geburtshelfer die Nachgeburtsperiode bzw. Plazenta-Periode per Injektion mit dem Hormon Oxytocin verkürzen. Das geschieht vor allem, wenn das Risiko von starken Blutungen besteht. Diese könnten für die Gebärende lebensbedrohlich werden.
Bei injektionsbedingt aktivierter Nachgeburt tritt diese inklusive der Nebenplazenta nach fünf bis zehn Minuten aus. In anderen Fällen unterstützt die Hebamme das Austreten der Plazenta, indem sie die Plazenta mit Hilfe der Nabelschnur herauszieht. Das muss aber vorsichtig passieren, damit die Nabelschnur nicht reißt. Anschließend wird die Plazenta genau auf Vollständigkeit und auf Hinweise untersucht, die die Existenz einer Nebenplazenta wahrscheinlich machen. Bei gerissener Nabelschnur oder unvollständigen Austritt der Plazenta ist eine Ausschabung nötig. Beide Plazentas müssen restlos entfernt werden.